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Das Walchenseekraftwerk am Kochelsee liefert grünen Strom für umgerechnet 100.000 Haushalte – genauso wie bei seinem Start vor genau 100 Jahren. Die Idee war visionär, der Bau katastrophal gefährlich, der Erfolg groß.

Visionäre und Mythen: Die Geburtsstunde des Walchenseekraftwerks

Die Ursprünge der Idee, ein Elektrizitätswerk zu errichten, reichen bis ins Jahr 1897 zurück. Damals entwarfen die Ingenieure Schmick, Jaquel und von Donat die ersten Konzepte, um den Höhenunterschied zwischen dem Walchensee und dem Kochelsee für die Erzeugung elektrischer Energie zu nutzen. Aufgrund dieser Pläne lobte die Regierung Bayerns 1909 einen Architekturwettbewerb aus, bei dem sechs von 31 Einreichungen Auszeichnungen erhielten. Die damals entstehende Kontroverse in der Bevölkerung war beträchtlich: Es verbreitete sich ein Mythos um ein sagenhaftes Seeungeheuer im Walchensee, das angeblich den See über die Ufer treten lassen könnte, sollte es durch Bauarbeiten gestört werden. Ein Relief am Eingang des Wasserschlosses erinnert noch heute an diese Legende. Auch flussabwärts entlang der Isar äußerten Menschen ihre Besorgnis, dass die bayerische Hauptstadt München von Fluten verschlungen werden könnte. Innerhalb der Regierung bestanden ebenfalls Unsicherheiten, ob sich für die enorme Strommenge aus dem geplanten Walchenseekraftwerk genügend Abnehmer finden lassen würden. Bayern, arm an Kohlevorkommen, wurde jedoch 1911 durch den Ingenieur Oskar von Miller dazu bewogen, auf Wasserkraft, die er als „weiße Kohle“ bezeichnete, als Energiequelle zu setzen. Er schlug vor, mit einzelnen Elektrizitätswerken und einem umfangreichen Hochspannungsnetz Bayern vollständig mit Wasserkraft zu versorgen. Die wegweisende Entscheidung, im Walchenseekraftwerk ebenfalls Bahnstrom zu erzeugen, räumte letzte Bedenken aus dem Weg und gewann die Unterstützung der Skeptiker. Der Bayerische Landtag traf am 21. Juni 1918 den Beschluss, das Walchenseekraftwerk zu bauen.

Ein Meisterwerk der Nachkriegszeit

Die Errichtung des Walchenseekraftwerkes markierte nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ein herausragendes technisches Unterfangen. Es bot mehr als 2.000 Arbeitern und Ingenieuren Beschäftigung und Einkommen. In der damals kaum bevölkerten Region fehlte es anfänglich fast vollständig an Straßen und Unterkünften für das Personal. Die Beschäftigten waren gezwungen, mit enormen Anstrengungen schwerste Komponenten wie Leitungen, Turbinen und Generatoren an die Baustelle zu transportieren. In den Wintermonaten konnte Baumaterial oft nur mittels Schlitten angeliefert werden. Die massiven Bestandteile der acht Turbinenaggregate erreichten Kochel zunächst per Eisenbahn. Von dort wurden sie über eine speziell angelegte Schienenstrecke zu einem nahegelegenen Hafen transportiert und schließlich per Boot zur Baustelle gebracht. Insgesamt verlagerten die Arbeiter 40.000 Kubikmeter Gestein und loses Material, teilweise lediglich mit Hilfe von Spitzhacke und Schaufel. 

Ein Jahrhundertwerk in Betrieb

Nach 6 Jahren intensiver Arbeit durch etwa 2.000 Beschäftigte war es am 26. Januar 1924 endlich soweit: "Dora 2", eine Drehstromturbine, beginnt, Elektrizität ins Versorgungsnetz einzuspeisen. "Dieses Bauwerk zwischen dem Walchen- und Kochelsee markierte einen technologischen Wendepunkt", so Klaus Engels, der Leiter des Bereichs Wasserkraft bei Uniper.

Bis zum heutigen Tag sind "Dora 2" sowie sieben andere Turbinen aktiv. Seit 1983 zählt die Gesamtanlage zu den bayerischen Industriedenkmalen. Jährlich werden ungefähr 300 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt genug, um den Bedarf von 100.000 Haushalten zu decken. Etwa ein Drittel der produzierten Energie versorgt die Deutsche Bahn, während der Rest in lokale und umliegende Gebiete verteilt wird.

Lieferant für sauberen Strom – oder Belastung für die Umwelt?

Der Betreiber des Walchenseekraftwerks Uniper rechnet vor, dass das Kraftwerk seit der Zeit seines Bestehens bisher mindestens 30 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt hat. Damit habe es die Umwelt um etwa 24 Millionen Tonnen Kohlendioxid entlastet.

Doch das Wasserkraftwerk hat auch eine Kehrseite: So habe die obere Isar durch das Wasserkraftwerk Schaden genommen, sagen Naturschützer. Für die bis zu 84 Kubikmeter Wasser, die bei Volllast pro Sekunde mit 200 km/h über mächtige Rohre Richtung Kochelsee zu Tal stürzen, musste nämlich die Isar umgeleitet werden. Baumeister Oskar von Miller hatte dazu einen zehn Kilometer langen Kanal von der Isar zum Walchensee bauen lassen. Weil die obere Isar damit zu wenig Wasser führt, bleibe Kies dauerhaft liegen, das Ufer verbusche, kritisieren Naturschützer. Damit fehle der wichtige Lebensraum sich ständig wandelnder Kiesbänke für bedrohte Arten.

 

100 Jahre Walchenseekraftwerk

26.01.2024 100ster Jahrestag

22.02.2024 Vortrag: Der Zukunft der Wasserkraft auf der Spur

07.03.2024 Buchvorstellung: Das Walchenseekraftwerk – eine Gesamtbetrachtung

11.04.2024 Vortrag: Baugeschichte Walchenseekraftwerk

26.04.2024 Vortrag: Zeitreise unter Wasser – vom Walchensee bis zu den Ozeanen

05.05.2024 Tag der offenen Tür

Juni – Juli: verschiedene Open-Air Konzerte

 

Öffnungszeiten des Informationszentrums

Geschlossen: 06.11.2023 – 25.03.2024

Geöffnet ab Dienstag 26.03.2024

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